piwik no script img

Masken-Affäre um Jens SpahnLinke und Grüne verschärfen den Ton

Der Sudhoff-Bericht liegt jetzt auch ungeschwärzt vor. CDU-Gesundheitsministerin Warken wird daraufhin der Verschleierung bezichtigt. Und Spahn? Soll gelogen haben, sagt ein Grünen-MdB.

Jetzt wird's aber irgendwie doch ungemütlich für ihn: Jens Spahn im Bundestag Foto: Nadja Wohlleben/reuters

Berlin dpa | Vor dem Auftritt von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof im Bundestag wird die Kritik am Vorgehen von Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn bei der Beschaffung von Corona-Masken lauter. Sudhofs Bericht ist inzwischen nicht mehr nur in teils geschwärzter Form bekannt, mehrere Medien berichten auch über die ungeschwärzte Version. Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen erhebt auf dieser Basis schwere Vorwürfe gegen den heutigen Unionsfraktionschef Spahn und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU).

Der ungeschwärzte Bericht zeige, dass Warken „an mehreren Stellen gezielt Schwärzungen vorgenommen hat – mit dem offensichtlichen Ziel, die Verantwortung von Jens Spahn und weiteren Mitgliedern der Union zu verschleiern, die in der Pandemie Staat und Steuerzahler zur Beute gemacht haben“, sagte Dahmen.

Über Details des ungeschwärzten Sonderberichts hatten zuvor mehrere Medien berichtet, darunter die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR, der Spiegel sowie die Bild-Zeitung. Passagen zeigten, wie Spahn persönlich in Beschaffungsentscheidungen eingebunden gewesen und wie er vor Risiken gewarnt worden sei, schrieb die Süddeutsche.

Dahmen sagte dazu: „Pandemie war in ganz Europa. Allen fehlten Masken. Aber nirgendwo sonst wurden in einem so beispiellosen Ausmaß Milliarden an Steuergeld verschleudert – für Masken, die in der überwältigenden Mehrheit nie geliefert wurden oder von so miserabler Qualität waren, dass sie später vernichtet werden mussten.“

Linkspartei: Ein Untersuchungsausschuss ist dringend notwendig

Der Grünen-Politiker erklärt: „Die Enthüllung zeigt schwarz auf weiß: Jens Spahn hat gelogen. Nicht einmal, nicht in guter Absicht, nicht nur in Details – sondern wiederholt, systematisch und mit dem Ziel, sich selbst und Netzwerke in seinem Umfeld zu schützen.“

Scharfe Kritik kam auch von der Linken. Die Union nutze offenbar alle Möglichkeiten, um Spahns persönliche Verstrickungen zu decken, sagte Ates Gürpinar, Sprecher für Gesundheitsökonomie der Linken-Fraktion. Er meinte, die Sonderermittlerin Sudhof und deren Bericht zum Gesundheitsministerium (BMG) würden aus der Union diskreditiert.

Gürpinar sagte: „Ein Untersuchungsausschuss ist dringend nötig, die mehr als fragwürdigen Einmischungen von Spahn, die das unionsgeführte BMG lieber verheimlichen wollte, müssen lückenlos aufgeklärt und er selbst zur Verantwortung gezogen werden.“

Zu Beginn der Pandemie 2020 waren schützende FFP2-Masken erst gar nicht zu erhalten und dann zunächst knapp. Aus noch schwelenden Rechtsstreitigkeiten zur Maskenbeschaffung drohen dem Bund noch heute Risiken in Milliardenhöhe. Der Haushaltsausschuss des Bundestages will am Dienstag mit Sonderermittlerin Sudhof ein „Fachgespräch“ zu ihrem Bericht führen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • Spahn muss das komplette Geld zurückzahlen!



    So wie die Erwerbslosen ihre Essensmarken! Das forderte damals Andrea Nahles. Genauigkeit ist die größte Tugend der Deutschen!

  • Einen gleichen Fall, bei dem der Täter nicht MdB ist, sondern ein normaler Privatmensch in einer Firma, möchte ich mal sehen. Der wäre sowas von rausgeworfen und vor den Kadi gezerrt worden! Und zwar zu Recht.



    Aber wie man es schon aus Animal Farm kennt: alle Tiere sind gleich, manche Tiere sind gleicher.



    Wann hört es endlich auf, dass bei uns PolitikerInnen nicht für ihre Verfehlungen belangt werden, wie alle anderen auch - wie es das Grundgesetz verlangt?

  • Der deutsche Grenell ist doch fest als Schnittstelle zur AfD eingeplant..... Merz wird doch nicht seinen guten Draht zu Trump durch Fakten verglüht sehen wollen- Jens lötet weiter , bis er auch beliebt ist...

  • Es muss doch eine handvoll SPDler geben, die mit den Grünen und Linken zusammen für einen Untersuchungsausschuss stimmen.



    Das wäre doch endlich mal eine Chance für die SPD Wählervertrauen zurück zu gewinnen.

    • @GaGaZar:

      Lauterbach könnte zu gewinnen sein. Und am besten alle.



      Das abzuräumen könnte nämlich auch seltsame 'Quer'denksümpfe endgültig austrocknen.

  • taz: *Der Sudhoff-Bericht liegt jetzt auch ungeschwärzt vor. CDU-Gesundheitsministerin Warken wird daraufhin der Verschleierung bezichtigt. Und Spahn? Soll gelogen haben, sagt ein Grünen-MdB.*

    Wenn es sich tatsächlich so verhält, dann müsste nicht nur Jens Spahn (CDU) zurücktreten, sondern auch Nina Warken (CDU).

    Jens Spahn hat mal eben 3,5 Milliarden Euro Steuergelder zum Fenster herausgeworfen, aber armen Bürgergeldempfängern möchte der "werte Herr" immer noch gerne die Butter vom Brot nehmen. Können sich CDU-Politiker in der Merz-Union jetzt eigentlich schon alles erlauben?

  • Wieso nur ein UA?

    Wieso wird das nicht einfach der Staatsanwaltschaft übergeben?

    • @hsqmyp:

      Weil Lügen nicht grundsätzlich strafbar ist – und einen Meineid oder eine uneidliche Falschaussage nach §153 StGB kann es nur bei einer offiziellen Vernehmung vor Gericht oder einem Untersuchungsausschuss geben.

  • Lachhaft! Seit Wochen nur Anschuldigungen. Where is the smoking gun?

    Grüne und Linke können keinen mangels Stimmen keinen Untersuchungsausschuß einsetzen und appellieren jetzt an Union es selbst zu tun. LOL

    • @GregTheCrack:

      Muss ich Ihren Humor gerade nachvollziehen können?



      Die Punkte sind u.a. im Artikel aufgelistet. Die Süddeutsche hätten Sie für tiefere Details.



      Spahn hat fast wie Scheuer mit offenem Vorsatz für politischen Gewinn etwas durchgedrückt. Und genau diese Zeilen fehlen dann.



      Hier raucht's. Auch ohne jeden Ausschuss.

    • @GregTheCrack:

      Das Gute an dem Skandal ist, dass Spahn sich damit unmöglich gemacht hat und unweigerlich fällt, ob der Anlass dafür lachhaft ist oder nicht, ist zweitrangig. Spahn ist hochgefährlich und es ist gut, dass er weg muss.

  • Gerade aus der Union wurde doch dauernd Rücktritte aus der letzten Regierung gefordert für weniger.



    Hätte Spahn auch nur einen Hauch von Anstand würde er zurücktreten. Irgendwie bin ich mir aber sicher das das nicht passieren wird. Angeschlagen ist er aber alle mal.



    So richtig als Fraktionsführer wird er glaubhaft nicht auftreten können.

  • Die Süddeutsche betont, dass die geschwärzten Stellen vor allem Spahn belasten. Und wirft das Warkens Ministerium damit klar vor.



    Vielleicht sollten gar zwei Köpfe zugleich besser anderswohin rollen.

  • Die Union arbeitet gerade an ihrem Image, dass führende Positionen sich persönlich und ihr Umfeld aus Steuergeldern bereichern und dabei parteiintern Karriere machen können. Und die agd reibt sich die Hände.

    • @Holger_0311:

      Rechts kann nicht so gut mit Geld umgehen, außer dem eigenen. Spahn konzentrierte sich bekanntlich mitten in Covid auf das Erwerben einer Aufsteiger-Villa in passender Lage.

  • Kaum gibt es Machtgefüge wo auch immer in der Welt, die völlig frei von Korruption und Vetternwirtschaft sind. Das war vor 3000 Jahren nicht anders und würde die Welt noch mal so lange durchhalten, es wäre das Gleiche. Doch in zivilisierten Gesellschaften sollten die Verantwortlichen alles daran setzen, dass dieses Übel zumindest verringert wird. Doch das ist nicht erkennbar. Diesmal ist es die CDSU die versucht alles unter den Teppich zu kehren und es dort zu belassen. Und es dürfte kein Risiko sein, darauf zu wetten, dass die SPD einem Untersuchungsausschuß in diesem Casus nicht zustimmen wird - aus "staatspolitischer Verantwortung" oder ähnlichem Gefasel.

  • WIR Bürger sind der Staat und es ist die von UNS Bürgern eingesetzt Regierung, die UNS, in unseren Interessen zu vertreten hat. Dazu müssen WIR Bürger unseren Vertretern vertrauen können. Ich kann einem Jens Spahn nicht mehr vertrauen.